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Podiumsdiskussion: “Mauern“ sprengen – Aufeinander zugehen

Der Besuch der israelischen Delegation im Rahmen des ersten Deutsch-Israelischen Schüleraustauschs zwischen der Atidim High School in Holon und dem Gymnasium Lehrte endete am 23. Oktober mit einer Podiumsdiskussion, die in verschiedenen Arbeitsgruppen vorbereitet wurde. So wurden Fragen erarbeitet, die die den Gästen Katja Demnig, Initiative Stolpersteine der Stiftung Spuren, Kirsten Fricke, Seelsorgerin im Kirchenkreis und Expertin für interreligiösen Dialog, und Eliah Sakakushev von Bismarck, künstlerischer Direktor der Villa Seligmann für jüdische Musik, durch eine Schülergruppe gestellt wurden. Eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich unter künstlerischen Fragestellungen mit dem Verhältnis zwischen Israel und Palästina (s. Artikelbild).

In der HAZ/NP berichtete Katerina Jarolim-Vormeier über diese Veranstaltung:

Schulleiterin Silke Brandes (Zweite v. li.) und Lehrer Klaus Perk (rechts) begrüßen Eliah Sakakushev (v. li.), Kirsten Fricke und Katja Demnig. (Foto: Katerina Jarolim-Vormeier)

„Harte Grenzmauern soll es nicht geben“

Lehrter Gymnasiasten und junge Gäste aus Israel diskutieren im Hirschfeld-Forum

Neun Tage lang haben erstmals junge Israeli Lehrte im Rahmen eines Schüleraustausches besucht. Ein Höhepunkt des Austausches mit dem Gymnasium war am Mittwoch eine Podiumsdiskussion für die gesamte Oberstufe des Gymnasiums im Kurt-Hirschfeld-Forum. Das Thema der Veranstaltung lautete Mauern sprengen, aufeinander zugehen. Zu Gast waren Katja Demnig, Frau des Initiators des bundesweiten Projektes Stolpersteine, Gefängnisseelsorgerin Kirsten Fricke und Eliah Sakakushev von Bismarck, Cellist und Direktor der Villa Seligmann für jüdische Musik.

Schulleiterin Silke Brandes nannte als Anlass für die Diskussion den besonderen Besuch in der Stadt. In den Herbstferien habe man noch die Mauer zwischen Israel und Palästina in Augenschein genommen. Andererseits berichteten die Lehrter Gymnasiasten ihren derzeitigen Gästen nun von der Berliner Mauer, deren Reste sie auch bei einem Tagesausflug in der Hauptstadt sahen. Die Jugendlichen machten bei einem gemeinsamen Workshop mit. Und dabei entstanden das Konzept der Podiumsdiskussion sowie eine Skulptur aus Plastik, die zwei Menschen darstellt, die aufeinander zugehen – und die Mauer ist gefallen.

Von Katja Demnig wollten die Gymnasiasten und jungen Israeli wissen, wann und wie eigentlich das Projekt der Stolpersteine mit den Messingtafeln vor den Häusern während der Nazi-Diktatur deportierter Juden in Deutschland ins Rollen kam. Initiiert habe es ihr Mann Gunter vor 25 Jahren. Angefangen habe alles mit einem Dokument über im Jahr 1940 deportierte Sinti und Roma. Erst dann sei die Idee mit den Steinen gekommen, die in den Boden eingelassen wurden, sagte Demnig.

Viele Hausbesitzer hätten keine Stolpersteine vor ihrem Haus haben wollen, weil sie befürchteten, dass sie mit den Steinen in Verbindung gebracht werden, sagte Demnig. Aber die Steine sollten nicht anklagen, sondern erinnern. Eine weitere Frage richtete sich an den Cellisten Eliah Sakakushev-von Bismarck: Bringt die Musik Menschen zusammen? „Die Musik öffnet das Herz. Sie hat historische Wurzeln, aber richtet den Blick nach vorne“, lautete die Antwort. Musik sei Ausdruck einer internationalen Sprache.Kerstin Fricke, Seelsorgerin in der JVA Sehnde,berichtete von der Arbeit mit Menschen unterschiedlicher Religionen. Sie ist fest davon überzeugt: „Man versteht nur jemanden und seine Religion, den man kennt und dem man schon mal die Hand gegeben hat.“ Und selbstverständlich gebe es unterschiedliche Meinungen auch unter Christen, Muslimen und Juden. Respekt und Dialog brächten Menschen voran, ergänzte Katja Demnig.

Gabriele Gosewitsch schrieb im Marktspiegel folgenden Beitrag:

Rezepte für die Zukunft

Experten-Diskussion zur deutsch-israelischen Begegnung im Gymnasium

Verständnis und Völkerverständigung lauten die Ziele des derzeitigen Schüleraustauschs. 15 Schüler des Gymnasiums besuchten während der Herbstferien Israel, 13 Schüler aus Israel sind nun in Lehrte zu Gast. „Unsere Erlebnisse und Eindrücke sind so vielfältig, es ist kaum fassbar“, sagte Silke Brandes, Leiterin des Gymnasiums bei ihrer Rückkehr aus Tel Aviv. Gesprochen haben die Lehrter Schüler bei ihrem Aufenthalt sowohl mit den israelischen Gastgebern als auch mit Palästinensern. Ein Teilstück der 759 Kilometer langen Sperranlagen auf der Grenze zum Westjordanland wurde besichtigt. Der Furcht einflößende Mauerbereich beschäftigt die Schüler intensiv, so gezeigt im Reisevideo, das im Forum die Podiumsdiskussion in besonderer Weise einleitete.

Moderiert von Silke Brandes und Koordinator Klaus Perk, Lehrer für Englisch und Deutsch, stellten sich Katja Demnig, Initiative Stolpersteine der Stiftung Spuren, Kirsten Fricke Seelsorgerin im Kirchenkreis und Expertin für interreligiösen Dialog, und Eliah Sakakushevvon Bismarck, künstlerischer Direktor der Villa Seligmann für jüdische Musik, den Schülerfragen, die zuvor im Workshop erarbeitet wurden. Geschickt und klug zielten die Schüler mit ihren Fragen auf den wirklichen praktischen Nutzen der auf Völkerverständigung angelegten Arbeit der Podiumsgäste.

Keinen Raum für Platitüden gab es bei Fragen wie „Wie genau verbindet Musik die Kulturen?“ oder „Welche Kontroversen gab es im Haus der Religionen (Hannover) beim Zusammentreffen?“. Während Eliah Sakakushev-von Bismarck aufzeigte, dass es die offenen Fragen sind, die individiuelle Meinungsbildung fördert, berichtete Kirsten Fricke von Situationen, in denen Kontrahenten auch solche bleiben. Katja Demnig hofft, dass die Menschen nicht verlernen, aufeinander zuzugehen. Wenn der Respekt erhalten bleibe, könne das Nebeneinander von Religionen in einem Land gelingen, so ihr Plädoyer. „Wir glauben alle an einen Gott, tun es aber unterschiedlich, und das ist auch gut so. In jeder Religion ist das friedliche Miteinander die Vorgabe“, so Kirsten Fricke. „Jeder kann sich fragen, was man sein will und was die Heimat ist. Eine Stadt, ein Land? Will ich Europäer sein, oder Weltbürger?“ so die Gegenfrage von Eliah Sakakushev-von Bismarck. Er betont: „Schlimm ist, wenn man still ist und sich darauf verlässt, dass andere Vorgaben machen. Das Nachdenken, auch über kleine unauffällige Wörter wie Ausländer, ist wichtig.“ Auf die Schülerfrage nach der Beurteilung der Erinnerungskultur attestierte Eliah Sakakushev-von Bismarck: „Auch das ist eine außerordentlich gute Frage. Damit beschäftigen wir uns in der Villa Seligmann intensiv. Es geht nicht um die Erinnerungskultur, sonder Erinnerung muss Mittel für die Gestaltung der Zukunft sein.“

Während der Veranstaltung machte Melissa Ergün folgende Fotos:

Silke Brandes und Klaus Perk eröffnen die Diskussion.
Erste Beiträge aus der Schülergruppe
Ein Film über den Besuch der deutsche Delegation wird gezeigt.
Vorstellung der Gäste
Vorstellung der Gäste
Vorstellung der Gäste
Die Schülerinnen und Schüler stellen Fragen.
Ein beeindrucktes Publikum
Shalom Chaverim ist ein beliebtes hebräisches Lied.
Friede sei mit euch. Bis wir uns wieder sehen, möge Shalom (Friede) mit euch sein.